Was wollen die Talente der Zukunft?

von Katharina Gittsovich in , , , — Mai 2023
Alles dreht sich um die Talente der Zukunft – wie wir sie finden, weiterentwickeln und langfristig begeistern. Denn eines ist klar: der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt mit den richtigen Führungskräften und Mitarbeiter*innen. Aber was beschäftigt die Talente der Zukunft?

Dieser zentralen HR-Frage stellte sich eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde des Pharma Marketing Club Austria (PMCA) am 18. April 2023 in Wien (v.l.n.r.):

  • Moderation: Gudrun Kreutner
  • Neil Davidson, General Manager GSK Austria
  • Julia Guizani, General Manager Sanofi, Speciality Care Austria & Country Lead Austria
  • Barbara Urban, Lead Marketing Rheumatology Eli Lilly & Young Pharma Native
  • Leif Moll, General Manager Merck Healthcare Österreich & Country Speaker Merck Österreich
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©PMCA/KatharinaSchiffl

Die spannendsten Erkenntnisse des Abends haben wir hier für Sie zusammengefasst:

1. Die Sache mit dem Geld …

Tatsache ist: Um die Talente der Zukunft zu gewinnen und langfristig zu halten, muss das Gehalt stimmen. Denn der Wettbewerb um die besten Kandidat*innen ist hart und die Konkurrenz schläft nicht. Abgesehen davon steigen die Lebenshaltungskosten und es wird immer schwieriger, den Traum vom Eigenheim zu finanzieren. Aber deshalb mehr arbeiten?

Young Pharma Native Barbara Urban (Eli Lilly) formuliert es als Vertreterin der jungen Generation so: „Wenn das Schmerzensgeld entsprechend hoch ist, ist man vielleicht bereit, die eine oder andere Überstunde mehr zu machen. Aber wenn ich keine Zeit mehr habe, es auszugeben, wozu? Nicht um jeden Preis.“

Viel wichtiger ist das Gesamtpaket, das die Organisation bietet – der „Total Reward“, wie es Neil Davidson von GSK formuliert. Das kann – je nach den persönlichen Bedürfnissen – von flexiblen Arbeitszeiten und -orten über Weiterentwicklungsprogramme für künftige Führungskräfte bis hin zu einem Dienst-Fahrrad reichen. Auch der gesellschaftliche Beitrag des Unternehmens – z.B. die Entwicklung lebensrettender Medikamente – sowie der ökologische Fußabdruck spielen eine Rolle.

Für Leif Moll (Merck) ist das Gehalt v.a. im Sinne von Fairness und Anerkennung für die erbrachte Leistung ein Motivationsfaktor. Es gehe aber darum, über das Geld hinaus eine Incentive-Struktur zu schaffen, die dazu führt, dass die Mitarbeiter*innen Interesse und Begeisterung für ihre Arbeit haben.

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2. It’s the culture, stupid.

Damit rückt unweigerlich die Unternehmenskultur in den Mittelpunkt. „Du gibst dann das Beste, wenn du respektiert wirst und das Gefühl hast, etwas beeinflussen zu können. Ein produktives Arbeitsumfeld, sich gewürdigt zu fühlen als Mensch in seiner ganzen Persönlichkeit, eine Aufgabe zu haben, die einen offensichtlichen Sinn macht – das sind Dinge, die mehr bewirken als ein Gehaltssprung allein“, so Leif Moll weiter.

Barbara Urban bringt es auf den Punkt: „Wenn man etwas bewegen möchte, dann muss man auch die Freiheit haben, den Status Quo zu hinterfragen. Diese Offenheit, Dinge neu angehen zu können, das ist das, was sich viele – auch jüngere – Talente wünschen.“ Neben Kommunikation auf Augenhöhe, Offenheit und Authentizität ist daher auch Vertrauen wichtig. Als Vertreterin der jungen Generation findet sie es auch nicht mehr zeitgerecht, Mitarbeiter*innen eine Anwesenheit im Büro vorzuschreiben. „Das ist nicht nur demotivierend, sondern einfach auch respektlos den Mitarbeiter*innen gegenüber, wenn man ihnen nicht einmal das Vertrauen entgegenbringt, zu sagen, ihr werden eure Sache schon machen.“

Vertrauen bzw. ein Vertrauensvorschuss ist auch für Julia Guizani (Sanofi) entscheidend. Dazu gehört, Mitarbeiter*innen, die eine neue Funktion übernehmen, „die Möglichkeit zu geben, sich in einer Rolle zu finden und Erfahrungen einzubringen, ohne bereits alles 1:1 bewiesen zu haben“. Auch mit der Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort hat Sanofi bislang gute Erfahrungen gemacht. „Die Effekte weniger Stress und weniger Fehlzeiten sehen wir heute schon.“

Neil Davidson (GSK) bestätigt den positiven Effekt von Flexibilität und Work-Life-Intergration: „Jeder ist anders. Wir haben unterschiedliche Aspekte im Leben, die wir berücksichtigen müssen. Eine Sache, die uns die Pandemie gezeigt hat, ist: Flexibilität am Arbeitsplatz ist wichtig und kann die Performance verbessern.“

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3. Wenn die Hütte brennt …

Mit Vertrauen steigt aber auch die Verantwortung. Erreichbarkeit im Urlaub sollte dennoch kein Standardmodell sein. „Wenn die Hütte brennt, natürlich“, meint Barbara Urban, die auch schon im Urlaub angerufen wurde. Sie findet es trotzdem in vielen Fällen nicht notwendig.

Als General Manager vertritt Leif Moll einen pragmatischen Ansatz: „Manchmal ist es einfach schlauer, eine E-Mail schnell zu beantworten, als sich dann mit dem Ergebnis herumzuschlagen… Ich mache meinen Job so gerne, dass es mich selten stört.“

Für Julia Guizani, General Manager bei Sanofi und Mutter einer kleinen Tochter, geht es um die richtige Balance. „Wenn wir einen guten Job machen, wenn wir das Team dazu befähigen, Entscheidungen zu treffen, dann kann das Unternehmen auch erst mal gut ohne uns.“ Dennoch sei es wichtig, in dringenden Fällen erreichbar zu sein. Diese Flexibilität gehe übrigens in beide Richtungen. „Es kann – auch wenn ich arbeite – einmal etwas dazwischenkommen. Dann nehme ich mir auch die Freiheit, mich um mein Kind zu kümmern.“

Womit sich wieder der Kreis zur Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung schließt.

Fazit

Die Talente der Zukunft wollen also respektvoll behandelt werden, einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen und möglichst selbstbestimmt und flexibel arbeiten. Aber unterscheiden sie sich dadurch von anderen Arbeitnehmer*innen? Und sind nicht alle, die in der Arbeitswelt von morgen einen Beitrag leisten können und wollen, unsere Talente der Zukunft, um die wir uns bemühen sollten?

Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit im Rahmen der PMCA-Podiumsdiskussion vom 18.04. und freuen uns schon auf die nächsten Veranstaltungen.

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v.l.n.r.: Barbara Urban (Eli Lilly), Julia Guizani (Sanofi), Leif Moll (Merck), Dietrich Göller (Mylan), Nina Sattlegger (Talentor Austria), Neil Davidson (GSK), Gudrun Kreutner, ©PMCA/KatharinaSchiffl