6 Fragen an Gabriela Maria Straka, Director Corporate Affairs & ESG Sustainability, Brau Union

von Bernadette Arnoldner in , , , — Dezember 2023
Mit Gabriela Maria Straka konnten wir eine Vorreiterin auf dem Gebiet ESG & Nachhaltigkeit für unsere Interview-Reihe gewinnen. Die Top-Managerin gibt Einblicke in ESG-Herausforderungen & Erfolge, Tipps & Tricks, Nachhaltigkeit im HR, notwendige Mindsets & Skills und ihre persönliche Motivation.

"Der größte Hebel für eine nachhaltige Wirtschaft ist die Finanzierung, der zweite Hebel liegt in der Energiewende und der dritte ist das Leadership!"

Gabriela Maria Straka, Brau Union

Gabriela Maria Straka ist Director Corporate Affairs & ESG Sustainability, Mitglied des Management Boards der Brau Union Österreich AG (Teil der internationalen Heineken Group), Vorstandsmitglied bei RespACT und Teil des Austrian Sustainable Development Council.

1. Was ist aktuell Ihre größte Herausforderung im Bereich ESG und wie gehen Sie an die Sache heran? Worauf sind Sie besonders stolz?

"ESG (Environmental, Social and Governance) umfasst zunehmend starke regulatorische Eingriffe, die uns derzeit nahezu „überhäufen“. Diese Herausforderung erfolgreich zu bewältigen, ist gleichzeitig auch eine Chance, um neue Wege zu gehen und ESG-Strategien gezielt als „Wertetreiber“ zu nützen.

Mein Team und ich sind daher „Brückenbauer*innen“ in der ESG-Transformation und treiben unsere Nachhaltigkeitsagenda als „Innovationsturbo“ voran. Ob dies nun der Einsatz von alternativen Energien in der Produktion des Biers ist oder die Nutzung der Abwärme aus unserem Sudhaus für Heißwasser und Heizung der benachbarten Wohnungen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Emissionen zu reduzieren und Partnerschaften in der Region zu stärken.

Auch die zahlreichen Innovationen von alkoholfreien Bieren (0,5% bis sogar 0,0% ganz ohne Alkohol), die regional gebraut und abgefüllt werden, sowie unsere soziale Verantwortung „alkoholfrei“ in allen Stakeholder-Gruppen bewusster zu machen, zählt zu unseren Erfolgen.

Wie gehen wir es an? Da ich schon jahrelang in diesem Bereich tätig bin, packen mein Team und ich es stets „hands-on“ an und haben bereits zahlreiche Erfolge im Bereich E (Environmental) für alternatives Energiemanagement, S (Social) für verantwortungsvollen Konsum und Inklusion sowie G (Governance) für die Steuerung unserer Ziele und des Berichtswesens unter Beweis gestellt.

Blättern Sie einfach in unserem Nachhaltigkeitsbericht – Brau Union Österreich."

2. Worauf kommt es bei der Einführung bzw. im laufenden ESG-Reporting-Prozess an? Welche Tipps & Tricks können Sie aus Ihrer langjährigen Praxis geben?

"Nachhaltigkeit ist zwar zur „Chef-Sache“ geworden und soll organisatorisch zentral auf C-Level verankert werden, da es Teil des Geschäftsberichts geworden ist und direkte Auswirkungen auf den Finanzmarkt und das Kerngeschäft hat. ESG wird die „licence to operate“ für Unternehmen.

Jedoch weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig die Kommunikation „bottom-up“ und nicht „top-down“ ist, denn alle Mitarbeiter*innen und Stakeholder möchten ins Boot geholt werden und ihren Beitrag leisten.

Die Motivation „von Anfang an dabei zu sein“ und Teil eines erfolgreichen Teams zu sein, inspiriert mich Tag für Tag. Die Führung von ESG mit Hilfe einer breit aufgestellten Matrixorganisation in größeren Unternehmen bindet die Kolleg*innen aller Abteilungen und Ebenen ein.

Dies ist ein Garant, dass sich das Kerngeschäft tatsächlich gut in der „Wesentlichkeitsanalyse“ widerspiegelt, und über solche ESG-notwendigen Tools können sich zahlreiche neue innovative Wege erschließen. So haben z.B. unsere Braumeister*innen Ideen zu neuen Bierinnovationen sowie auch zur Verwertung von Abfallprodukten aus der Bierproduktion angeregt, die heute den Weg in die Kreislaufwirtschaft ebnen."

3. Welche Rolle spielt ESG im Personalwesen der Brau Union?

"Soziale Themen, die von HR vorangetrieben werden, beinhalten unter anderem Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft, Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Maßnahmen zur Behebung von Risiken des demographischen Wandels.

Neben den sozialen Aspekten spielt HR auch eine wichtige Rolle im Governance-Bereich und in der ethischen Unternehmensführung. Themen, die vorwiegend im Aufgabenbereich von HR liegen, sind die Sicherstellung und Förderung von Diversität innerhalb der Belegschaft, des Managements sowie des Vorstands.

Als erste Frau im Management der 100-jährigen Geschichte der Brau Union Österreich und Vorstandsmitglied von Zukunft.Frauen Alumnae Club, die Absolventinnen von Top-Führungsprogrammen durch das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft, Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer für Führungsaufgaben stärken, ist es mir ein besonderes Anliegen, die Qualifikation und Entwicklung von Führungskräften in allen Branchen voranzutreiben."

4. Welche Skills und welches Mindset braucht ein*e ESG-Manager*in? Wo sollte diese Rolle organisatorisch angesiedelt sein?

"Die Rolle ist idealerweise auf C-Level oder nahe der Geschäftsleitung angesiedelt. Da sie ein hohes Maß an interdisziplinärem Management erfordert, sind auch eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit und Akzeptanz im Unternehmen wichtig. Je pragmatischer der/die ESG-Manager*in die Rolle angeht, desto besser, denn das ESG-Team macht den Erfolg aus.

Fachlich ist ein umfassendes Wissen über die Regulatorik (Taxonomie, Lieferketten, Umweltschutz, ...) sowie Kenntnisse in der jeweiligen Branche, von der Produktion und Wertschöpfungskette bis zu Finanzen, Compliance und KPIs der ESG-Indikatoren für das Datenmanagement und die gesetzlichen Rahmenbedingungen empfehlenswert.

Als Beirätin und Vortragende bei Fachkonferenzen bringe ich mein Know-how regelmässig in den jeweiligen Gremien zur Aus- und Weiterbildung ein und bin Teil des Audit-Teams zum/zur zertifizierten ESG-Manager*in gemäß den Austrian Standards."

5. Welches ESG-Thema liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen? Warum?

"ESG birgt in allen Bereichen spannende Herzensthemen. So orientiere ich mich stets an den 17 SDGs, den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, die ich im United Nations Global Compact vertrete, und die mich wie ein Kompass in meinem täglichen Tun anleiten.

Darunter sind mir die Erhaltung der Biodiversität und der Weg in die Kreislaufwirtschaft ein besonderes Anliegen. Denn das ist die Königsdisziplin der Transformation, in der Ressourceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung minimiert und langlebige Wiederverwendung ermöglicht werden. Das Recycling ist dabei zumeist das Mittel letzter Wahl.

Es erfordert auch ein Mindset, das erfolgreiches Management – sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich – sicherstellt. Nur dieses gesamtheitliche Führungsprinzip sichert unseren Wirtschaftsstandort und somit Arbeitsplätze."

6. Haben Sie ein Vorbild im Bereich Nachhaltigkeit? Wer oder was hat Sie geprägt?

"Ich setze mich seit Jahrzehnten mit dem Thema auseinander. Was mich als Kind aus Interesse und Leidenschaft bewegte, ist heute als Wirtschaftswissenschafterin und Managerin stets ein Ausgleich von ökologischer, ökonomischer und sozialer Verantwortung.

Meine Eltern haben es vorgelebt, meine Familie, Freund*innen und Wegbegleiter*innen sind bis heute mit Mensch & Natur verbunden. Letztendlich ist nachhaltiges Handeln ein menschenwürdiges Handeln, das uns alle prägt und zusammenhält."

Vielen Dank für die spannenden und vielseitigen Einblicke!

Bernadette Arnoldner Mitglied der Geschäftsleitung Talentor Austria_Portrait

Bernadette Arnoldner

Executive Director