Ich kann auch Neurochirurg.

von Thomas Zembacher in , , — Dezember 2020
Wenn es nach den Empfehlungsalgorithmen von LinkedIn geht, dann habe ich eine Berufsbefähigungsspanne vom Neurochirurgen bis zum Geschäftsführer eines Anlagenbauers.

Natürlich ist es so, dass der technische Fortschritt auch im Recruiting immer stärker zum Tragen kommt. Dabei wird aber derzeit viel Lärm um wenig Ergebnis gemacht. Denn das sogenannte „Matchmaking“ geht immer von der Prämisse aus, mithilfe von Big Data und Social Media Background Checks alles über die Kandidaten zu wissen, um diese dann automatisiert mit den bestmöglichen Jobs zu verknüpfen.

Als Folge davon sollten sich eine Beschleunigung des Bewerbungsprozesses, die Vermeidung von Vorurteilen und Diskriminierung und die konsistente Auswahl von BewerberInnen ohne lange Umwege ergeben. Dabei gilt die Binsenweisheit: Je mehr Daten man zur Verfügung hat, desto höher ist die Treffsicherheit der Ergebnisse.

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Oder noch einfacher – je generischer das Jobprofil, die Stellenbeschreibung, desto einfacher die Suche für die KI und umso leichter das Match. Bei schwierigen Positionen mit speziellen Anforderungen an Ausbildung und Erfahrung (den sogenannten Hard Facts) und sich stetig wandelnden Soft Skills wie kognitive Agilität, Kooperationsbereitschaft, Mut oder einfach nur die gute alte Empathie oder Konfliktfähigkeit ist es (noch) nicht so einfach.

Dr. Harald Katzmair vom renommierten FASresearch Institut beobachtet im HR überhaupt einen „mimetischen Druck“ durch die Digitalisierung: „Es hat sich eine stereotype Vorstellung vom Digitalisierungsschub entwickelt, die Nachahmung und Schablonen hervorbringt.“ Eine durch digitale Instrumentarien erwirkte „Gleichmacherei“ beim Suchen und Besetzen von Vakanzen, was nur selten ein echter Benefit für die Entwicklung von Organisationen ist. Es unterstützt eher den „Stringenzfetisch“ mit Blick auf den Lebenslauf und selektiert immer nach biografischen Stereotypen und nicht nach Potenzial und Talent.

Wie aber komme ich zu den Talenten mit dem größten Potenzial? Auf welche Eigenschaften muss ich bei der Auswahl im Besonderen schauen und welche davon stärken das Gefüge meines Unternehmens und machen mich leistungsfähiger?

Simon Sinek sagt: „Hire character, train skills.“

Wenn Sie also Ihre „Leaders for Tomorrow“ suchen, dann achten Sie auf Menschen, die sich im Hier und Jetzt befinden, die gegenwärtig und präsent sind – das gibt Ihrem Team Orientierung und leitet es zu Höchstleistungen an.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Magazin PharmAustria, Ausgabe 3/2020.

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Thomas Zembacher

Managing Director