3 Fragen an Dr. Astrid Kaltenböck, Managing Director bei EIT Health Austria
Dr. Astrid Kaltenböck, Managing Director bei EIT Health Austria
1. Wie beurteilen Sie die Innovationskraft der Life Science & Healthcare Branche in Österreich? Wo liegen die Stärken? Wo gibt es Lücken und wie können diese geschlossen werden?
"Österreich weist mit international sichtbaren Forschungsleistungen der heimischen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen einen dynamischen und innovativen Life Sciences- und Pharma-Standort auf. Dazu gehört ein gut funktionierendes Zusammenspiel von forschenden, produzierenden, zuliefernden und vertreibenden Unternehmen im Start-up-, Biotech-, Pharma- und Medizintechnikbereich. Im europäischen Vergleich ist das Förderportfolio für Gründerinnen und Gründer beneidenswert. Wichtig ist aber auch, Österreich als attraktiven Forschungsstandort für klinische Studien zu erhalten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben und bereits heute zukünftige Versorgungslücken mittels z.B. neuer, digitaler Gesundheitsanwendungen zu schließen. Dabei Lösungen zu entwickeln, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen, ist eine Herausforderung, die wir annehmen müssen.
Als Mentorin kann ich zudem erfreulicherweise berichten, dass die Innovationskraft unserer Branche durch eine kontinuierliche Welle von inspirierenden, jungen Talenten angetrieben wird. Diese wollen gerne in Österreich arbeiten, trotz internationaler Verlockungen. Wir müssen allerdings auch sicherstellen, dass die Entwicklungsmöglichkeiten in Österreich, besonders zu Beginn der Karriere, auch mit den Chancen im Ausland mithalten können."
2. Stichwort „Female Leadership“: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Frauen in Führungspositionen? Wo besteht Handlungsbedarf – seitens der Politik, der Unternehmen und der Frauen selbst?
"Eine gute Führungskraft muss klare Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen und mittels einer Mischung aus strategischer Zielorientierung und emotionaler Intelligenz Teams und Organisationen in eine erfolgreiche Zukunft lotsen. Gute Führung hat meiner Meinung nach also nichts mit dem Geschlecht zu tun, sondern mit Erfahrung, Können und Wissen!
Dennoch sehe ich in meinem Umfeld, dass viele ambitionierte Frauen auch im Jahr 2024 mit Diskriminierung und unberechtigten Vorurteilen konfrontiert werden. Dabei ist es egal, ob man Kinder hat oder nicht. Beides wird auf unterschiedliche Weise gerne bei Karrierefrauen negativ kommentiert. Das muss aufhören. Frauen haben ebenso einen Anspruch auf die Anerkennung ihrer beruflichen Leistung wie Männer. Was können wir Frauen also tun? Eine ganze Menge! Wir müssen mutiger sein, Führungsrollen selbstverständlich einnehmen und anderen Frauen Türen öffnen. Wir müssen Stellen in Führungspositionen und Aufsichtsräten gezielt mit starken Frauen besetzen. Und wir müssen innovative Arbeitsmodelle in unseren eigenen Unternehmen fördern, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen."
3. Was waren wichtige Wendepunkte in Ihrer Karriere? Würden Sie heute andere Entscheidungen treffen?
"Meine Entscheidungen haben mich immer in ein beruflich spannendes Umfeld gebracht. Daher würde ich nichts ändern wollen. Wendepunkte gab es allerdings viele. Wichtig war für mich, Auslandserfahrung zu sammeln und damit meinen Horizont zu erweitern. Sowohl gleich zu Beginn mit meinem Postgraduate in Straßburg und dann viele Jahre später mit einer beruflichen Entsendung in die USA. Bei letzterer konnte ich früh wertvolle Erfahrungen im Executive Leadership und in der Organisationsentwicklung nach Österreich zurückbringen.
Meinen spannendsten Wendepunkt hatte ich allerdings letzten Oktober: Weg aus der Industrie (sprich Pharma und Biotech) zu einer NPO der EU. Beim European Institute of Innovation & Technology (EIT) leite ich nun als Managing Director die österreichische Geschäftsstelle im Bereich Gesundheitsinnovation - EIT Health Austria. Eine ganz andere Welt! Solch ein Karrieresprung in ein komplett neues, komplexes Umfeld kann natürlich Angst machen. Mein Tipp: so früh wie möglich mit Networking, Trainingsprogrammen und Coaching anfangen. Ich hatte bereits sehr früh einen Coach im Bereich der systemischen Organisationsentwicklung und auch Sparringspartner*innen an meiner Seite – so fühle ich mich gewappnet für größere Veränderungen – beruflich wie auch privat.
Karriere kann natürlich auch geplant werden, aber nicht bis ins letzte Detail.
„Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“
Diesen Satz von Antoine de Saint-Exupéry fand ich in diesem Kontext immer sehr passend. Es bleibt also wichtig, offen, flexibel und neugierig zu sein, neue Chancen zu erkennen, Lust aufs Lernen zu haben und sich auch aus der Komfortzone zu bewegen. Dabei hilft es, zu reflektieren und sich selbst immer wieder das „Big Picture“ der eigenen Lebensplanung vor Augen zu führen. Mir helfen dabei die Berge. Schritt für Schritt zum Gipfel und dann erst mal ein ruhiger Blick in die Ferne. In solchen Momenten fälle ich meine besten (Karriere-)Entscheidungen!"